Jahresversammlung 2000

Mitgliedertreffen in Weimar, 20.-22. Oktober 2000

Bericht zum Rahmenprogramm

Weimar begrüßte die zahlreich angereisten Mitglieder nicht nur mit anhaltend schönem Herbstwetter, sondern auch in herbstlicher Pracht.

Am Freitagabend begann das Wochenende mit einem Konzert von Studenten der Klavierklassen der Hochschule für Musik Franz Liszt mit Originalwerken und Bearbeitungen von Carl Maria von Weber und Franz Liszt im Festsaal des Fürstenhauses am Platz der Demokratie.

Für alle, die Weimar noch nicht wie ihre Westentasche kennen, eine kurze Beschreibung der Lage und Geschichte des Fürstenhauses: Von der Ilm aus betrachtet, geht man am Stadtschloss vorbei und steigt einen Abhang hinauf. Schräg links vor sich sieht man die Herzogin Anna Amalia Bibliothek, direkt vor dem Betrachter erhebt sich das Denkmal von Herzog Carl August hoch zu Ross und hinter ihm liegt das Fürstenhaus. Es bekam seinen Namen nach dem verheerenden Schlossbrand 1774, als die herzogliche Familie dort Quartier bezog. Seit 1951 ist es Sitz der Hochschule für Musik Franz Liszt. Wenn der Betrachter sich anschließend nach rechts wendet, befindet er sich in einer Gasse, die ihn zum Markt und damit auch zum berühmten Hotel „Elephant“ führt.

Im Eingang des Fürstenhauses wartete bereits die Vorsitzende, Frau Dr. Capelle, und begrüßte die Ankommenden, die anschließend die breite Holztreppe emporstiegen und den modernen, hellen, holzgetäfelten Festsaal betraten. Der Saal war gut besetzt und die Spannung groß. Das Konzert wurde mit der 1812 geschriebenen Grande Sonate pour le Pianoforte C-Dur op. 24 (JV 138) von Carl Maria von Weber eröffnet. Kaori Higuchi aus der Klasse Prof. Arne Torger meisterte die technischen Schwierigkeiten dieser ersten Sonate, die Carl Maria von Weber à Son Altesse Impériale Madame la Grande Duchesse Marie Paulowne, Princesse héréditaire de Saxe Weimar gewidmet hatte. Diese erste Sonate war zugleich das einzige Werk Carl Maria von Webers, das nicht in Bearbeitung erklang. Das folgende Schlummerlied mit Arabesken für das Pianoforte wurde in der Übertragung von Franz Liszt R 287 (1848) von Blazej Dowlaszie vorgetragen. Er gehört zur Klasse von Prof. Gunda Köhler-Scharlach, die dieses schöne und gelungene Konzert dankenswerterweise organisiert hatte. Als nächstes erklang die Jubelouvertüre von Carl Maria von Weber unter den Händen von Evangelia Vasileli aus der Klasse Prof. Peter Waas in der Klavierpartitur von Franz Liszt R 290 (1846), innig und versunken vorgetragen. Dann hörten wir Cora Irsen aus der Klasse Prof. Rolf-Dieter Arens mit der Légende No. 2 von Franz Liszt mit dem Titel St. François de Paule marchant sur les flots von 1860-63 R 17.

Nach der Pause spielte Jessika Probst aus der Klasse Prof. Gerlinde Otto die Héroïde für das Pianoforte von Franz Liszt R 285 (1846/7) nach Leyer und Schwerdt von Carl Maria von Weber und Theodor Körner. Es folgte Jens Hoffmann, ebenfalls aus der Klasse Prof. Rolf-Dieter Arnes, mit Franz Liszts Grand Galop Chromatique R 41 von 1838 und Mazeppa R 2c von 1840, die mit frenetischem Applaus bedacht wurden. Zum Abschluss spielte noch einmal Blazej Dowlasz aus der Klasse Prof. Gunda Köhler-Scharlach das Konzertstück für Klavier und Orchester op. 79 f-Moll von Carl Maria von Weber, für das Pianoforte allein bearbeitet von Franz Liszt (1870/71). Das Publikum dankte den Vortragenden für ihre Leistung mit langem und heftigem Applaus.

Nach diesem erfolgreichen Auftakt war jeder schon gespannt auf den folgenden Samstag in der Altenburg, der Heimat Franz Liszts in den Jahren 1848 bis 1861. Hier sammelte er junge Künstler aus aller Welt um sich. Unterbrochen durch seine vielen Reisen, lebte er ab 1869-1886 in der ehemaligen Hofgärtnerei, Marienstr. 17, dem heutigen Liszt-Museum. Es lohnt einen Besuch, denn es ist noch wie zu seinen Lebzeiten eingerichtet. Man sollte sich allerdings weder einen Montag noch die Mittagszeit zwischen 13.00 und 14.00 aussuchen, dann ist es geschlossen.

Am Samstagabend um 18.00 Uhr hielt Frau Dagmar Beck einen sehr interessanten öffentlichen Vortrag über Carl Maria von Weber und Weimar – Quellen und Dokumente, der sehr gut besucht war. Frau Beck sprach u. a. darüber, dass Carl Maria von Weber seine erste große Klaviersonate der Großherzogin Maria Pavlovna aus Dankbarkeit für den freundlichen Empfang widmete. Sie trug einige unterhaltsame Eintragungen aus seinem Tagebuch vor und berichtete von der herzlichen Verbindung zwischen Carl Maria von Weber und Christoph Martin Wieland, aber auch von der eher kühlen Aufnahme bei Johann Wolfgang von Goethe.

Nach diesem geistreichen Ausflug in das frühe 19. Jahrhundert kam man gutgestimmt im „Elephanten-Keller“ zum Abschluss des offiziellen Teils der Mitgliederversammlung zusammen.

Ein herzliches „Danke“ an den Vorstand für die gute Organisation, das abwechslungsreiche Programm und für die Wahl des Tagungsortes!

Alle, die nicht bereits am Morgen abreisen mussten, trafen sich am Sonntag, dem 22. Oktober, Franz Liszts 189. Geburtstag, um 11.00 Uhr in der Altenburg wieder, um bei der feierlichen Wiederaufnahme der Sonntags-Matineen nach anderthalb Jahrhunderten dabei zu sein.

Der Salon im ersten Stock der Altenburg war gut besetzt mit Weber- und Liszt-Freunden aus der näheren und weiteren Umgebung, die von Prof. Rolf-Dieter Arens in seiner Eigenschaft als Präsident der Franz-Liszt-Gesellschaft e. V. Weimar voller Stolz und Freude in den frisch renovierten Räumen willkommen geheißen wurden. Unter dem Motto Geburtstagsgrüße an Franz Liszt spielten Cora Irsen und Jens Hoffmann, die bereits beim Konzert am Freitagabend mitgewirkt hatten, Werke des Meisters. Die Matinee begann mit der Partita Nr. 5 G-Dur, BWV 829 von Johann Sebastian Bach, dem großen Geburtstagskind des Jahres 2000, der von 1708-1717 in Weimar gewirkt hatte. Es folgte die Rhapsodie espagnole von Franz Liszt, beide gespielt von Cora Irsen. Nach einer kurzen Pause folgte Jens Hoffmann mit der Sonate F-Dur, Hob. XVI/23 von Joseph Haydn, zum Abschluss erklang die Polonaise E-Dur von Franz Liszt.

Cora Irsen hat übrigens im 3. Internationalen Franz-Liszt-Wettbewerb, der vom 10.-19. November ausgetragen wurde, einen der beiden 3. Preise gewonnen.

Als letzten Höhepunkt des Wochenendes hatte der Vorstand zu einem Stadtrundgang eingeladen, der von der Geschäftsführerin der Franz-Liszt-Gesellschaft e. V. Weimar, Frau Dr. Lucke-Kaminiarz, unter dem Titel Weimar musikalisch um 14.00 die Unermüdlichen vereinte.

Frau Dr. Lucke-Kaminiarz führte vom Bach-Denkmal am Platz der Demokratie über den Burgplatz den Berg hinunter zum Stadtschloss. Dort lenkte sie unsere Aufmerksamkeit zunächst auf den Turm, in dem Johann Sebastian Bach von Herzog Wilhelm Ernst gefangengehalten worden war, bevor er dann doch nach Köthen ziehen durfte. Vom Hof aus gab sie die Lage und Besonderheiten der einzelnen Säle an. Weiterhin berichtete sie von der guten Akustik des Hauses und den Bemühungen der Weimarer in den 50er und 60er Jahren, die „Bachkapelle“ zu erhalten.

Auf versteckten Wegen führte Frau Dr. Lucke-Kaminiarz vorbei an der „Herderkirche“ (Stadtkirche St. Peter und Paul am Herderplatz), an der Johann Gottfried von Herder von 1776 bis zu seinem Tode im Jahr 1803 als Prediger wirkte und in der er auch begraben ist, zur Rückseite des Wittumspalais. Herzogin Anna Amalia residierte hier nach dem Brand des Stadtschlosses von 1774 bis zu ihrem Lebensende 1807. Dann ging es weiter zum Theaterplatz mit dem seit 1919 in Deutsches Nationaltheater umbenannten Stadttheater, dessen Intendant von 1791-1817 Johann Wolfgang von Goethe war. Musikalisch wurde das Haus durch Franz Liszt, Richard Wagner und Richard Strauss geprägt. Am Fuße des Goethe-Schiller-Denkmals, im Jahre 1857 von Ernst Rietschel geschaffen, wurde die Führung beendet.

Frau Dr. Lucke-Kaminiarz sei an dieser Stelle noch einmal ganz besonders für die schöne Führung gedankt, die sie, obwohl erst kurz zuvor aus dem Krankenhaus entlassen und noch nicht vollständig genesen, mit uns unternahm.

Dorothee Rupp